Geschäftsbericht Annalise-Wagner-Stiftung 2014

1. Ehrenamtliches Engagement in den Stiftungsgremien

17 Bürger übernahmen in Stiftungsgremien ehrenamtlich Verantwortung für gemeinnützige Stiftungsarbeit.

Die Mitglieder von Vorstand und Kuratorium trafen sich zu je drei Beratungen. Am 26. 11. 2014 entlastete das Kuratorium den Stiftungsvorstand für die Amtszeit 2012 – 2014, dankte Frau Eleonore Wolf für 14 Jahre Bürgerengagement als Vorstandsmitglied und wählte für die Amtszeit 2014 – 2016 in den Vorstand: Frau Cornelia Bugenings, Frau Heike Birkenkampf, Frau Sabine Kunert, Herrn Dr. Rolf Voß und Frau Christiane Weigt. Vorstandsvorsitzende ist Frau Sabine Kunert, die Stellvertretung übernimmt Frau Heike Birkenkampf.

2. Erhaltung des Stiftungskapitals, satzungsgerechte Mittelverwendung, Transparenz

Die Annalise-Wagner-Stiftung erfüllte im Berichtsjahr 2014 ihre Verpflichtung, das Stiftungskapital zu erhalten, aus dessen Anlage Zinsen zu erzielen und diese für den Stiftungszweck einzusetzen.

Am 31.12.2014 verfügte die Annalise-Wagner-Stiftung über ein Stiftungsvermögen in Höhe von 78.879,63 EUR. Nicht-spekulative Anlagen (Sparkassenbriefe Sparkasse Neubrandenburg-Demmin) erzielten Zinsen in Höhe von 1.506,89 € (375,61 EUR weniger als im Vorjahr), die satzungsgerecht eingesetzt wurden zur Dotierung des 23. Annalise-Wagner-Preises. Die Gesamtsumme des Stiftungskapitals ist geringer als im Vorjahr (2013: 79.772,73 EUR), daim Jahr 2013 eingegangene Spenden von Sparkasse Neubrandenburg-Demmin (1.000 EUR, 09.07.2013), New Enerday GmbH Neubrandenburg (500 EUR, 11.10.2013) und Dr. Hans-Jürgen Spieß (200 EUR, 18.11.2013) zur Verwendung für den Stiftungszweck im Jahr 2014 bestimmt waren. Im Berichtsjahr förderten den Stiftungszweck Spenden von Frau Sabine Kunert (100 EUR) und Herrn Hellwart Jaeger (50 EUR) und eine Zustiftung von Frau Hannelore Raemisch (150 EUR) ging in das Stiftungskapital ein.

Zuwendungsbestätigungen für Spenden und Zustiftungen an die Treuhandstiftung der Stadt Neubrandenburg wurden gemäß „Dienstanweisung Spenden der Stadt Neubrandenburg“ (20.06.2012) von der Stadt Neubrandenburg ausgestellt. Der bis 2017 gültige Freistellungsbescheid des Finanzamtes Neubrandenburg StNr 072/141/03855 K031 vom 15. Oktober 2013 bestätigt die Gemeinnützigkeit der Annalise-Wagner-Stiftung wegen Förderung von Kunst und Kultur (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. (n) 5 AO).

Das Kuratorium prüfte am 07.05.2014die ordnungsgemäße Verwaltung des Stiftungskapitals und die satzungsgerechte Verwendung der Zinserträge im Jahr 2013 und hatte im Ergebnis keine Beanstandungen.

Am 26.11.2014 beschloss das Kuratorium die „Richtlinie zur Verwaltung des Stiftungsvermögens der Annalise-Wagner-Stiftung / Finanzrichtlinie“, welche die seit 1991 geltende „Finanzrichtlinie und Kassenordnung der Annalise-Wagner-Stiftung“ ersetzt und die Übertragung der Verwaltung des Stiftungsvermögens an einen sachkundigen Mitarbeiter der Stadt Neubrandenburg regelt.

Informationen zur Stiftungsarbeit entsprechend der Transparenz-Kriteriendes Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und der Initiative Transparente Zivilgesellschaft veröffentlichte die Annalise-Wagner-Stiftung auf der Stiftungshomepage.

3. Erfüllung des Stiftungszwecks

Ihren Stiftungszweck erfüllte die Annalise-Wagner-Stiftung im Berichtsjahr durch die Vergabe des 23. Annalise-Wagner-Preises und der 8. Lobenden Anerkennung für junge Autoren.

Der Annalise-Wagner-Stiftung lagen 74 Bewerbungen und Vorschläge vor. Unter den 43 Publikationen und 31 Manuskripten waren 30 populärwissenschaftliche bzw. wissenschaftliche Sachtexte, 40 belletristische Werke und 4 Werke der Kinder- und Jugendliteratur. Von den 48 Eigenbewerbungen und 26 Vorschlägen kamen 43 aus Mecklenburg-Vorpommern, 30 aus anderen Bundesländern und 1 aus dem Ausland.

Die ehrenamtliche Juryarbeit übernahmen satzungsgerecht je drei Bürger aus gemeinnützigen Vereinen der Region und drei Kuratoriumsmitglieder: Frau Dr. Margit Maronde-Heyl, RAA Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie MV e.V., Frau Hannelore Raemisch, Neustrelitzer Kulturrat e. V. und Herr Dirk Kollhoff, Schulverein Carolinum e.V. sowie Herr Prof. Dr. Roman Frank Oppermann, Frau Angelika Zillmer und Herr Rainer Szczesiak aus dem Stiftungskuratorium.

Der 23. Annalise-Wagner-Preis ging zum an den Berliner Schriftsteller Gregor Sander für seinen Roman „Was gewesen wäre“ (Wallstein-Verlag 2014, ISBN 978-3-8353-1359-0). Den Bezug dieses Textes zur Region Mecklenburg-Strelitz stellt der literarische Ort „Neubrandenburg in den achtziger Jahren“ her, der für Mentalität und Entwicklung der literarischen Figuren Bedeutung hat. Die Preisvergabe erinnert zum vierten Mal in der Stiftungsgeschichte an den spezifischen Beitrag belletristischer Texte zu Erinnerungskultur und kollektivem Gedächtnis, an ihr Potential, subtil und nachhaltig literarisch verdichtete und fiktionalisierte Erfahrungen und Erinnerungen weiterzugeben, Reflexion und Kommunikation anzuregen.

In der online und per Presseinformation veröffentlichten Begründung der Jury heißt es: „Gregor Sanders leise Liebesgeschichte schlägt einen Bogen von der Vorwendezeit in der DDR bis in die Gegenwart, die Handlung spielt in Neubrandenburg, Berlin und Budapest. Die Hauptfigur Astrid begegnet dem Leser als siebzehnjährige Neubrandenburgerin Ende der achtziger Jahre auf einem Sommerfest, in dem sie sich in Julius aus Berlin verliebt und als vierundvierzigjährige Berlinerin, die im Budapest-Urlaub wieder auf ihre Jugendliebe trifft. In ineinandergreifenden Zeitebenen und aus verschiedenen Perspektiven erzählt Gregor Sander von dem „was war“, von dem „was ist“ und davon, wie Vergangenes in der Gegenwart fortwirkt: von einer unerfüllten Jugendliebe, von einer verratenen Mädchenfreundschaft, von widersprüchlichen Entscheidungen auf der Suche nach dem eigenen Weg. Es geht um Brüche und Kontinuitäten in Gefühlen und Lebenswegen – und um eine Umbruchzeit, die Entscheidungen, Mentalität und Biografien prägte und bis heute prägt. Scheinbar unscheinbare Erinnerungen, sensibel erfasste Atmosphäre von Orten und Zeiten, wie beiläufig erwähnte historische Ereignisse, vor allem aber die feinfühlig hinterfragten Brüche in Beziehungen, Freundschaften, Biografien der literarischen Figuren widerspiegeln ganz subtil ein Stück Zeitgeschichte und stellen DDR-Zeit, friedliche Revolution und Gegenwart in Bezug zueinander. Liebes- und Lebensgeschichten von Haupt- und Nebenfiguren fragen ohne ‚erhobenen historischen Zeigefinger‘ nach ‚Vergangenem, das nicht vergangen ist‘ (W. Faulkner / C. Wolf). Hinter dem erzählten Text steht – durch den Titel ausgelöst - die unausgesprochene Frage nach dem was hätte sein können, „was gewesen wäre“ wenn … Und das Nachdenken über persönliche und historische Entscheidungsspielräume der literarischen Figuren erweitert sich für Leser zu ‚Fragen mit Widerhaken‘ an Kontinuitäten und Brüche in eigenen Gefühlen, Entscheidungen, Lebenswegen. Der literarische Text beeindruckt durch seine sprachliche Präzision, Authentizität, plastisches Erzählen und eine besondere schwebende Spannung, die unter anderem zwischen verschiedenen Zeitebenen, zwischen wechselnden Erzählperspektiven, komplex angelegten und skizzierten Figuren, absehbarer Entwicklung und dem Spiel des Zufalls entsteht.“

Der mehrfach preisgekrönte Autor Gregor Sander (u. a. Deutscher Erzählerpreis 2013) steht „als einer der ersten für eine gesamtdeutsche Literatur“ (O. Seppelfricke, Deutschlandfunk) und gilt als ein „Repräsentant eines neuen Realismus, eines sehr leisen, stillen Realismus, der ganz behutsam daherkommt“ (M. Albath, SWR). Bezüge zu Mecklenburg-Vorpommern spielen in den Texten des 1968 in Schwerin geborenen Schriftstellers eine wichtige Rolle. Gregor Sander freute sich, dass Leser aus MV seinen Roman für einen Literaturpreis aus MV vorgeschlagen haben und Pressemeldungen zur Preisvergabe betonten die erste Würdigung des Autors in Mecklenburg-Vorpommern.

Der 8. Annalise-Wagner-Jugendpreis machte aufmerksam auf die Projektdokumentation „ROM HEISST MENSCH! Sinti und Roma in Deutschland“, zusammengestellt von der Projektgruppe „Kriegsgräber“ der Europaschule Rövershagen (www.rsg-roev.de/europaschule/kriegsgraeber).

In der Projektgruppe „Kriegsgräber“ engagieren sich Schüler der Klassen 5 bis 11, betreut von Petra und Holger Klawitter und Dagmar Bannenberg. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet für nachhaltige und jugendgemäße Projekte zur Förderung von Toleranz, Demokratie und aktivem „Erinnern für die Zukunft“. Die Projektdokumentation „Rom heißt Mensch!“ entstand als Begleitmaterial zu einer gleichnamigen Wanderausstellung. Sie dokumentiert die Kontinuität rassistischer Verfolgung und Bedrohung von Sinti und Roma vom 16. bis ins 20. Jahrhundert und vermittelt in individuellen Lebensgeschichten den historischen Zugang zu einem hochaktuellen Thema. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf Informationen zur Geschichte der Sinti und Roma in Mecklenburg. Überraschend viele Fakten beleuchten die Thematik auch in der Region Mecklenburg-Strelitz, aufwändig zu recherchierende Quellen werden erfasst und vermittelt. Ein ausführlicher Teil der Arbeit setzt sich mit dem Völkermord an Sinti und Roma in der Zeit der NS-Diktatur auseinander und gibt vielen Opfern aus Mecklenburg erstmals einen Namen, darunter auch aus Neubrandenburg, Neustrelitz, Alt Strelitz oder Mirow. Vor allem überzeugt der Anspruch dieser Publikation, historisches Lernen aus regionaler Geschichte zu verbinden mit Fragen nach Menschenrechten und Minderheitenrechten, nach demokratischen Werten und Toleranz, nach sozialen Handlungskompetenzen und dem eigenen Umgang mit Vorurteilen.

Der 23. Annalise-Wagner-Preis und der 8. Annalise-Wagner-Jugendpreis wurden im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Norddeutscher Bücherfrühling“ am 14. Juni 2014 in Neubrandenburg verliehen. Hervorragend unterstützt durch Gemeinde St. Johannis und Stadt Neubrandenburg fand die öffentliche Preisverleihung mit rund 100 Gästen im Baudenkmal Neubrandenburger Franziskanerkloster einen beziehungsreichen Rahmen.

Im ehemaligen Refektorium, dem ältesten Bauwerk der Stadt, verbindet das 2013 neu eröffnete Regionalmuseum (www.museum-neubrandenburg.de) in Architektur und Exponaten Geschichte und Gegenwart, erzählt von Kontinuitäten und Brüchen in Geschichte und Erinnerung, von „Vergangenem, das nicht vergangen ist“. In der Backsteingotik-Kirche St. Johannis (www.kirche-neubrandenburg.de) macht die größte evangelische Gemeinde Mecklenburgs weit über die Gemeindearbeit hinaus vielfältige Angebote zur Beschäftigung mit kulturellen Prägungen und Werten, fördert Bürgerengagement für soziale Wärme und kulturelle Bildung und setzt mit „Kirchenmusik an St. Johannis“ landesweit Zeichen für innovative Auseinandersetzung mit Musiktraditionen. Stimmungsvolle Orgel-Improvisationen des Neubrandenburger Organisten Tobias Frank begleiteten die feierliche Preisverleihung im Hauptschiff der Kirche. Dr. Rolf Voß, Leiter des Regionalmuseums, Kantor Tobias Frank und Kuratoriumsvorsitzender Prof. Dr. Roman F. Oppermann stellten den „lebendigen historischen Ort Franziskanerkloster“ in Bezüge zu Geschichte und Anliegen des Annalise-Wagner-Preises. Ein Aspekt spielte dabei eine besondere Rolle: St. Johannis war vor 25 Jahren für Stadt und Region ein wichtiger Ort der Friedlichen Revolution und der 1989 eingeleitete demokratische Wandel ließ auch Annalise Wagners weitsichtiges Vermächtnis Realität werden, ermöglichte in Neubrandenburg die Entstehung der ersten neuen Stiftung und des ersten neuen Kulturpreises des Bundeslandes.

Die Laudatio für Gregor Sander hielt der renommierte Kulturjournalist Ernst-Jürgen Walberg, der sich verdienstvoll sowohl für die Vermittlung zeitgenössischer deutscher Literatur als auch für die nachhaltige Auseinandersetzung mit deutsch-deutscher Geschichte engagiert. Als langjähriger „Kulturchef“ von NDR 1 Radio MV (2002 bis 2011) setzte Ernst-Jürgen Walberg Maßstäbe für Literatursendungen im Hörfunk des Bundeslandes, wurde mehrfach ausgezeichnet für innovative Projekte zum Thema Erinnerungskultur und kollektives Gedächtnis und ist Vorstandsmitglied des Vereins Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. 

Ernst-Jürgen Walberg fesselte die Zuhörer mit seiner essayistischen Annäherung an Gregor Sanders Roman, die eindrücklich vermittelte: Gregor Sander erzählt „eine Geschichte von vielen Geschichten zur Geschichte“ und „ohne Mit- und Nach-Denken lässt uns der Erzähler Gregor Sander nicht lesen.“ Bereits der Titel gehöre zu den durchdachten Romantiteln, „die vor dem Lesen der ersten Zeilen schon zum Nach-Denken anregen oder zum Vor-Denken“ und mit dem ersten Satz habe man als Leser „längst schon … Geschichten im Kopf, die passen könnten. Geschichten aus unserer Geschichte, der je eigenen, der ganz persönlichen in diesen merkwürdigen deutsch-deutschen und dann seit bald fünfundzwanzig Jahren wieder gesamtdeutschen Landen.“ Es gelinge idem Autor, die Zeitebenen 1987/1988 sowie 2012 so ineinander zu verschränken, dass sich der Leser mit „Vergangenheit und Gegenwart“, „mit beiden Teilen zugleich beschäftigen“ muss. Er bringe Figuren und „in Anführungsstrichen ‚Nebenfiguren’“ ins Spiel, „die mit ihren Lebensläufen und ihren Geschichten uns die Geschichte so nahe bringen, dass wir nicht mehr ausweichen können“. Er finde „Sätze, die in Erinnerung bleiben“, er schreibe „Passagen, die immer noch sprachlos machen“ und immer wieder bleibe ein literarisches Bild „als eine Geschichte im Kopf  …  und als eine Antwort auf die Titelfrage Was gewesen wäre.“ Der Leser finde in Gregor Sanders Text bewusst keine historischen Details: „Gregor Sander schreibt Geschichten, die Geschichte beschreiben. Die historischen, die politischen, die DDR-internen oder die deutsch-deutschen Großereignisse finden statt in Halb- oder Nebensätzen. Oder anders formuliert: Sie werden vorausgesetzt und ihre Kenntnis auch. Die Tatsache allein genügt und steht fest und hat Folgen für das Leben und die Geschichte dieses Romans und seine Geschichten zur Geschichte auch.“ Ernst-Jürgen Walberg betonte: „Gregor Sander beschreibt, was gewesen war und was gewesen ist. Damit liefert er uns das Rüstzeug, das unsere eigene Phantasie, unsere eigene Erinnerung, Gespräche in Gang setzt.“ In diesem Sinne wünsche er sich und allen Lesern „noch mehr Literatur zum Leben“ von Gregor Sander. [i]

In seinem Dankwort überlegte Gregor Sander: „Immer häufiger höre ich, dass das niemanden mehr interessiert, und dass es viel zu viele Bücher über die DDR gibt. … Aber ich möchte immer noch eine Geschichte erzählen können aus diesem vergangenen Land, und ich hoffe, dass man sie verstehen kann, ohne vorher Geschichte studieren zu müssen.“ Dabei sei ihm in diesem Roman „… die Gegenwartsebene genauso wichtig wie die Vergangenheit.“

„Der Stasiverrat an einer guten Freundin sollte neben den Schwierigkeiten eines Gespräches von Täterin und Opfer über diesen Verrat zwanzig Jahre später stehen. Und auch die heutige politische Situation in Ungarn, die schrittweise Abschaffung der Demokratie dort durch die Fideszpartei, war mir genauso wichtig wie Astrids politische und persönliche Situation in der DDR der 80er Jahre. Ich wollte kein reines Erinnerungsbuch schreiben, sondern Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbinden. Und die Vergangenheit wirklich Vergangenheit sein lassen.“ Gregor Sander halfen die „sinnlichen Erinnerungen“ an die „kreuzunglücklichen“ Lehrlings- und Abiturientenjahre 1984 bis 1987 im Neubrandenburger Berufsausbildungszentrum BAZ, in seinem Roman „wieder in diese Stadt zu kommen, Mitte der 80er Jahre: Ich stand wieder in Neubrandenburg und konnte von hier erzählen mit dem Blick eines jungen Mädchens, das in der Stadt geboren wurde“. Zum Verhältnis von Realität und literarischem Text betonte er: „Ist das die Realität, die Sie da abbilden?“, werde ich oft gefragt und antworte: „Nein, das ist sie nicht. Aber ich gebe mir große Mühe, damit meine Texte der Realität zum Verwechseln ähnlich sind.“ Gregor Sander bedankte sich „bei allen Neubrandenburgern, dass ich mir ihre Stadt ausleihen durfte für einen Roman und dann trotzdem von einheimischen Lesern für diesen Preis vorgeschlagen wurde“. [ii]:

Den 23. Annalise-Wagner-Preis überreichten gemeinsam Herr Peter Modemann, Erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Neubrandenburg, Herr Karsten Rohde, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Neustrelitz und Herr Prof. Dr. Roman Frank Oppermann, Kuratoriumsvorsitzender der Annalise-Wagner-Stiftung.

Die Dotierung des Annalise-Wagner-Preises in Höhe von 2.500 Euro förderten Spenden von Sparkasse Neubrandenburg-Demmin und New Enerday GmbH Neubrandenburg.

Die Stadt Neustrelitz ehrte Gregor Sander mit der Annalise-Wagner-Medaille.

Die Vergabe der mit 200 Euro dotierten 8. „Lobenden Anerkennung für junge Autoren“ ermöglichte eine Spende von Dr. Hans-Jürgen Spieß.

Die Laudatio für die Jugendpreisträger hielt Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Bundeslandes (www.lpb-mv.de).Er hob hervor, dass dieses Projekt „in allen Belangen ein hervorragendes Beispiel für gelungene politische Bildungsarbeit darstellt.“ Dies betreffe „erstens das Thema. Unser Wissen um Sinti und Roma nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern ist gering, umso verbreiteter und hartnäckiger sind dagegen Ressentiments, Vorurteile und Ausgrenzung. … Zweitens die akribische Arbeit, insbesondere die Spurensuche vor der eigenen Haustür und die beeindruckende Nachhaltigkeit der Umsetzung der Projektergebnisse.“. [iii] Die Vergabe des 8. Annalise-Wagner-Jugendpreises an die Projektgruppe „Kriegsgräber“ der Europaschule Rövershagen wurde hervorragend bestätigt durch weitere Auszeichnungen der Projektgruppe (u. a. Bundeswettbewerb Demokratisch handeln 2014, Johannes-Stelling-Preis 2014, Teilnahme an Matinee mit Bundespräsident Joachim Gauck).

Wie die Schüler auf die Projektidee kamen, wie diese sich erweiterte um Ausstellungsprojekte, Zeitzeugen-Begegnungen oder Workcamps in Rumänien, welches Spektrum zeitgeschichtlicher Themen die jungen Rövershagener in Bezug zu unserer Zeit setzen, vermittelte Patrick Rossa im Dankwort der Jugendpreisträger. Den Annalise-Wagner-Jugendpreis sehe die Projektgruppe „auch als Anstoß für uns und die Gesellschaft, und das sind wir alle, mehr darüber nachzudenken, wie wir mit unseren Mitmenschen und Nachbarn umgehen, wie sozial und menschlich unser Handeln zukünftig sein wird.“

Gelegenheit zum persönlichen Gedankenaustausch mit Preisträgern und Laudatoren gab es nach der Feierstunde im Klosterhof und im Regionalmuseum. Die Gäste nutzten die Möglichkeit, in Gregor Sanders Büchern und im Regionalliteratur-Angebot der Buchhandlung Hugendubel zu stöbern, das Regionalmuseum gemeinsam mit Museumsleiter Dr. Rolf Voß zu erkunden, die von Prof. Sabine Bock (Annalise-Wagner-Preis 2007) konzipierte Sonderausstellung der Stiftung Mecklenburg zu mecklenburgischen Herrenhäusern zu entdecken sowie mit den „Ehrenamtlichen“ aus Vorstand, Kuratorium und Jury der Annalise-Wagner-Stiftung über das Engagement für einen regionalen Literaturpreis ins Gespräch zu kommen, der dazu anregt, über Wert und Wirkung von Texten für „kollektive Erinnerung und kulturelles Gedächtnis“ nachzudenken.

Im November 2014 beschloss das Kuratorium, im Jahr 2015 den Stiftungszweck mit der Vergabe des 24. Annalise-Wagner-Preises und des 9. Annalise-Wagner-Jugendpreises zu erfüllen. Kriterien und Dotierung bleiben unverändert.

4. Öffentlichkeitsarbeit für den Stiftungszweck und den Stiftungsgedanken

Die öffentliche Preisverleihung, Lesungen von Annalise-Wagner-Preisträgern und Pressearbeit setzten in der Region ein positives Signal für den „Stiftungsgedanken“ in Mecklenburg-Vorpommern und für die Vernetzung des Engagements für demokratische Werte, historische und kulturelle Bildung und Regionalkultur. Pressearbeit, Stiftungs-Homepage und Informationsangebote trugen bei zur Transparenz der Stiftungsarbeit und zur öffentlichen und nachhaltigen Wirkung des Stiftungsengagements.

Die Annalise-Wagner-Stiftung hielt Kontakt zum Landesnetz der Stiftungen in MV, informierte in der Region u. a. über die „Schweriner Erklärung“ des Arbeitskreises Kunst- und Kulturstiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen (Januar 2014) und den Dialog zur Gründung einer Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in Mecklenburg-Vorpommern.

Das gemeinsame Engagement von Gemeinde St. Johannis und Stadt Neubrandenburg, Regionalmuseum, Regionalbibliothek sowie Annalise-Wagner-Stiftungfür die öffentliche Preisverleihung des 23. Annalise-Wagner-Preises am 14. Juni 2014 im Franziskanerkloster Neubrandenburg wurde in der Öffentlichkeit als ein Beispiel für Potenzen der Vernetzung kultureller Bildung anerkannt und setzte im 25. Erinnerungsjahr an die Friedliche Revolution von 1989 in Stadt und Region einen inhaltlichen Akzent auf das Thema „Belletristik und Erinnerungskultur“.

Auch die gemeinsam von Literaturzentrum Neubrandenburg e.V., Regionalbibliothek und Annalise-Wagner-Stiftung ausgerichtete „Preisträgerlesung“ von Gregor Sander im Brigitte-Reimann-Literaturhaus am 8.10.2014 - mit mehr als 60 Gästen - brachte das Nachdenken über „Literatur, Gedächtnis und Erinnerung“ in die Kultur- und Bildungsangebote zum Thema „Wende-Herbst 1989 in Neubrandenburg“ ein. Das intensive Autorengespräch moderierte Kulturjournalist Ernst-Jürgen Walberg. Es nahm u. a. Bezug darauf, dass Gregor Sanders Roman „Was gewesen wäre“ 2014 zu den belletristischen Werken gehörte, die sowohl national als auch international als exemplarische Beispiele herangezogen wurden im öffentlichen Diskurs um ästhetische und politische Erwartungen an die deutsche Gegenwartsliteratur, um Prägungen, Erfahrungen und Geschichte(n) der „mittleren Generation Ost“ („Generation Mauerfall“) oder um neue und nachhaltige Formen der Auseinandersetzung mit deutsch-deutscher Zeitgeschichte, insbesondere für die jüngere Generationen.

Aktuelle Informationen zur Stiftungsarbeit vermittelten Stiftungshomepage, Flyer, Ausstellung, Informationsstände am „Welttag des Buches 2014“, zur Preisverleihung und in der Bibliotheks-Aktionswoche. Über die Vergabe von 23. Annalise-Wagner-Preis und 8. Jugendpreis informierten bundesweit zahlreiche Medien, in der Region u. a. redaktionelle Beiträge in Nordkurier-Sonderzeitung „25 Jahre Mauerfall“ oder Norddeutsche Neueste Nachrichten. Die Laudatio auf Gregor Sander von Ernst-Jürgen Walberg wurde online veröffentlicht auf der Autorenhomepage www.gregorsander.com. Die Laudatio auf Dr. Hans-Jürgen Spieß und Dr. Peter Wernicke von Prof. Dr. Hermann Behrens und die Laudatio für Dr. Constanze Jaiser und Jacob David Pampuch von Prof. Dr. Irmela von der Lühe wurden publiziert in der Schriftenreihe des Regionalmuseums Neubrandenburg (Neubrandenburger Mosaik 2014).

Ein biografischer Abriss zur Stifterin Annalise Wagner (1903-1986) wurde von Kuratoriumsmitglied Gudrun Mohr erarbeitet (Biografisches Lexikon für Mecklenburg : Veröffentlichung der Historischen Kommission für Mecklenburg, 2013, Band 7). Der Essay „Das Leben neigt sich und – bleibt Torso : Annalise Wagner“ von Erhard Kunkel (Marginalien : Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie der Pirckheimer Gesellschaft, Band 209(2013)1 sowie Carolinum Band 77(2013)151) und „Stiftungen in Neubrandenburg von 1914 bis 2014“ von Helmut Borth (Nordkurier 2014-03-07) setzen sich mit Annalise Wagners Leben und Werk auseinander. Die Ernst Barlach Stiftung Güstrow zeigte in der Sonderausstellung „Barlach und die Musik“ (Mai bis August 2014) u. a. das Skizzenblatt Kiel 1921/X, eine Schenkung von Marga Böhmer an Annalise Wagner. Den Neubrandenburger Märchen- und Geschichtentag 2014 unterstützte die Stiftung mit Illustrationsvorlagen zu regionalen Sagen, nacherzählt von Annalise Wagner. Am europaweiten „Tag der Stiftungen“ wurden neue Texte über Annalise Wagner online zugänglich gemacht.

Die Annalise-Wagner-Stiftung unterstützte die Öffentlichkeitsarbeit für Lesungen von Annalise-Wagner-Preisträgern in der Region (u. a. Dr. Annette Leo, Veranstaltung des Kunstvereins Feldberg e.V., Prof. Sabine Bock, Veranstaltung des Neubrandenburger Museumsvereins e. V.). Im Rahmen der „Aktionstage Politische Bildung“wurden am20. Mai 2014 im Neubrandenburger Ratssaal innovative Ansätze für politisch-historische Bildung zur NS-Geschichte am Beispiel der Projektmappen „Zwei Außenlager des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück in Neubrandenburg“ von Ulrike Maschner (Annalise-Wagner-Jugendpreis 2012, publiziert 2014) und „Ein Schmuggelfund aus dem KZ: Erinnerung, Kunst und Menschenwürde“ von Dr. Constanze Jaiser und Jakob David Pampuch (Annalise-Wagner-Preis 2012) vorgestellt. Mehr als 70 Schüler, Lehrer und interessierte Neubrandenburger waren dabei. Jochen Schmidt, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern, Peter Modemann, Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Neubrandenburg, Dr. Matthias Heyl, Pädagogische Dienste der Gedenkstätte Ravensbrück sowie Prof. Dr. Roman Frank Oppermann, Kuratoriumsvorsitzender der Annalise-Wagner-Stiftung, übergaben beide Projektmappen an 10 Neubrandenburger Schulen.

 

Das Kuratorium der Annalise-Wagner-Stiftung beschloss den Geschäftsbericht für das Berichtsjahr 2014 in seiner Beratung am 10. März  2015.

 

Prof. Dr. Roman F. Oppermann                          Sabine Kunert
Vorsitzender des Kuratoriums                            Vorsitzende des Vorstands

 


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