Der 30. Annalise-Wagner-Preis geht an die agrar- und zeitgeschichtliche Studie „Beständiger Wandel: Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Mecklenburg von 1900 bis 2000“ von Prof. Dr. Mario Niemann

NiemannBeständigerWandel_Cover © Hinstorff Verlag Rostock Prof. Dr. Mario Niemann © IT- und Medienzentrum der Universität Rostock
Niemann Beständiger Wandel
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© Hinstorff Verlag Rostock
Prof. Dr. Mario Niemann
© IT- und Medienzentrum
der Universität Rostock


Die Annalise-Wagner-Stiftung aus Neubrandenburg vergibt – trotz des 2. Jahres „mit Corona“ – zum 30. Mal den „Annalise-Wagner-Preis“ an einen Text mit Bezug zur historischen Region Mecklenburg-Strelitz. Der anerkannte regionale Literaturpreis ist mit 2500 Euro dotiert und wird in diesem Jahr unterstützt vom Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie diskutierte die Jury über 76 eingereichte Bewerbungen und Vorschläge. Zum Geburtstag der Stifterin Annalise Wagner (1903-1986) am 19. Juni steht nun fest:

Der 30. Annalise-Wagner-Preis geht an die agrar- und zeitgeschichtliche Studie „Beständiger Wandel: Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Mecklenburg von 1900 bis 2000“ von Prof. Dr. Mario Niemann. Die – im doppelten Sinne gewichtige - Publikation erschien 2020 im traditionsreichen, 190jährigen Rostocker Hinstorff Verlag und liegt druckfrisch in der 2. Auflage vor (ISBN 9783356023695).

 

Die Ausschreibung des 31. Annalise-Wagner-Preises wird im Januar 2022 veröffentlicht.
Bewerbungen und Vorschläge können gern bereits eingereicht werden.

 

Als „erste Gesamtdarstellung des ländlichen Lebens in Mecklenburg im 20. Jahrhundert“ ist dieses agrarhistorische Sachbuch ein Meilenstein in der Erforschung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte des mecklenburgischen Landesteils des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern – und zugleich verspricht die erzählerische Textqualität jedem Interessierten einen „fesselnden Lesegenuss“[1].

Erstmals stehen die Territorien des historischen Mecklenburg-Schwerin und des historischen Mecklenburg-Strelitz gemeinsam im Fokus einer zeitgeschichtlichen agrarhistorischen Untersuchung, werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der mecklenburgischen Regionen erhellt.

Dieses agrarhistorische Sachbuch ist ein „beeindruckender Beitrag zum kollektiven Gedächtnis der Region“ und gibt nachhaltig „Impulse für demokratische Erinnerungskultur und gesellschaftliche Kommunikation“, heißt es in der Begründung der Jury zur Preisvergabe.

Im „historischen Weitwinkel“ entfaltet sich ein klar ausgeleuchtetes Bild der Strukturen und grundlegenden Veränderungen des ländlichen Raumes und der ländlichen Gesellschaft in Mecklenburg in diesen 100 Jahren – mit vielfältigen Bezügen zu Alltags- oder Kulturgeschichte, zu Soziologie oder Sozialökonomie, zu politischen und gesellschaftlichen Prozessen und Brüchen.

Zu den agrarhistorischen Zäsuren zwischen den Jahrhundertwenden von 1900 und 2000 gehören „der Erste Weltkrieg, die Novemberrevolution, Nachkriegszeit und Inflation, die Agrarkrise der Weimarer Republik, die nationalsozialistische Herrschaft und der Zweite Weltkrieg, die Bodenreform 1945, die Kollektivierung in den Jahren 1952 bis 1960, die Industrialisierung der Landwirtschaft und die Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion in den siebziger Jahren und schließlich der Transformationsprozess ab 1990.“ (Niemann, S. 9)

Im „Zoom“ auf die konkreten Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Menschen werden die gravierenden Umbrüche in Landwirtschaft und ländlichem Leben zwischen den Jahrhundertwenden „in handfestem Alltag widergespiegelt“[2]. Viele „sprechende Quellen“ – darunter auch in plattdeutscher Sprache – machen mecklenburgische Dorf- und Lebensgeschichte(n) dieser Zeit lebendig und spannend, „Geschichte wird so transparent, spür- und greifbar“, betont die Jury. 

Mit spürbarer Wertschätzung für Landarbeit und ländliches Leben eröffnet der Autor innerhalb jedes Zeitabschnitts ganz unterschiedliche Blickwinkel, um Widersprüchlichkeit, Komplexität und Facettenreichtum der agrargeschichtlichen Entwicklungen und Brüche deutlich zu machen und „Vereinseitigungen und Verkürzungen entgegenzuwirken“[3].

Fasziniert hat die Jury, dass dieses 800 Seiten starke agrarhistorische Sachbuch einen so „fesselnden Lesegenuss“ bietet. Wissenschaftliche Souveränität und sprachliche Stilsicherheit des Autors verbinden sich – ganz in Annalise Wagners Sinne – mit seinem ausdrücklichen Anliegen, „mit diesem Buch eine breite Leserschaft anzusprechen“[4].

Der renommierte Zeit- und Agrarhistoriker Prof. Dr. Mario Niemann engagierte sich für dieses publizistische „Herzens-Projekt“ mit einer Leidenschaft, die auf wissenschaftlicher Berufung fußt, weit darüber hinausgeht – und auch ganz persönliche Hintergründe hat.

„Ich bin Mecklenburger und fühle mich dem ländlichen Mecklenburg sehr verbunden“, schreibt er im Vorwort der Publikation, und er widmet sie seinen Großeltern, „mecklenburgischen Bauern von echtem Schrot und Korn“. Zu seinen Vorfahren gehören alteingesessene mecklenburgische Bauernfamilien, er absolvierte eine landwirtschaftliche Berufsausbildung, studierte an der Rostocker Universität Geschichte und leitet heute den Arbeitsbereich Moderne deutsche Agrargeschichte am Historischen Institut der Universität Rostock.

Der 30. Annalise-Wagner-Preis wird anlässlich des europaweiten „Tages der Stiftungen“ im Herbst an Prof. Dr. Mario Niemann verliehen. Die öffentliche Preisverleihung wird stattfinden in der Hochschule Neubrandenburg.



[1] Begründung der Jury zur Vergabe des 30. Annalise-Wagner-Preises
[2] Begründung der Jury zur Vergabe des 30. Annalise-Wagner-Preises
[3] Begründung der Jury zur Vergabe des 30. Annalise-Wagner-Preises
[4] Mario Niemann, www.annalise-wagner-stiftung.de

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