"Die niederländische Journalistin, Übersetzerin und Autorin
Pauline de Bok thematisiert darin den Heimatbegriff durch
Geschichten von Menschen, denen das Vorwerk „Blankow“
freiwilliger oder unfreiwilliger Aufenthaltsort war. Die
meisten von ihnen fanden an diesem Ort eine Heimat für
sich und ihre Familien. Dabei wird ein chronologischer Längsschnitt
gezogen, ohne dass es sich um eine historische Abhandlung
handelt.
Ort und Personen sind anonymisiert, dennoch ist „Blankow“
erkennbar in der Region Mecklenburg-Strelitz zu verorten.
Bezugspunkte wie Neustrelitz und Neubrandenburg sind mit
den realen Namen aufgeführt.
Pauline de Bok wählt die Perspektive einer Ich-Erzählerin,
die sich in einer Selbstfindungsphase befindet und fern
ihrer Heimat einen Ort zum Nachdenken über ihr Leben
gesucht hat. Dieser Ort enthält aber so viele
Hinterlassenschaften ehemaliger Bewohner, dass sie sich
auf die Suche begibt und am Ende auch Antworten für ihr
weiteres Leben findet.
In Gesprächen, Archiven und den aufgefundenen Dokumenten
entdeckt sie die Geschichte des Ortes und seiner einstigen
Bewohner, in der sich auch deutsche Geschichte des 19.
und 20. Jahrhunderts manifestiert. Die Erzählerin
entdeckt Erinnerungsbruchstücke und Erinnerungslücken,
Legenden und Fakten und deckt mit ihnen die Brüche und
Umbrüche ostdeutscher Geschichte auf. Ihr Buch erzählt
davon, wie das „Verlangen nach Heimat“ und der Verlust
von Heimat und Identität Lebensgeschichten prägt und
Geschichte schreibt. Dabei wird auch das Fortgehen der
Einheimischen als Tragik des hiesigen Landstrichs über
Jahrhunderte hinweg thematisiert.
Die einfühlsam, jedoch unsentimental in eine poetische
Sprache gebrachte Spurensuche zieht den Leser in ihren
Bann, ohne ihm die Distanz zu nehmen für eigene
Assoziationen. Die Erzählinstanz wertet kaum, zumindest
nicht vordergründig.
Auf einfühlsame Weise macht dieses Buch
regionalgeschichtliche Ereignisse und Prozesse deutlich,
indem es die Leser berührt und historischen Prozessen
Gesichter gibt.
Sensibel öffnet es mit dem „Blick von außen“ auch
die Augen für die Schönheit der mecklenburgischen
Landschaft und die Schicksale der Menschen.
Mit dem Selbstfindungsprozess der Ich-Erzählerin ist
dieses Buch gleichermaßen Belletristik und
regionalgeschichtliche Forschung. Beides steht nicht
nebeneinander, sondern bedingt einander."
Neubrandenburg,
Mai 2010
Susanne Schulz, Dirk Kollhoff
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