Jury des Annalise - Wagner - Preises 2009
Der Jury
des Annalise-Wagner-Preises 2009 gehörten satzungsgerecht
3 Kuratoriumsmitglieder und 3 Mitglieder aus gemeinnützigen
Kultur- und Literaturvereinen an:
Frau Dr. Gundula Engelhard, Mecklenburgische
Literaturgesellschaft e. V.
Frau Anke Goetsch, Verein für Kultur und Kommunikation
Neustrelitz e. V.
Herr Georg Huschke, Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung
Herr Dr. Joachim Lübbert, Kuratorium
Annalise-Wagner-Stiftung
Frau Hannelore Melka, Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung
Herr Rainer Szczesiak, Jugendklub „Heinrich
Schliemann“ e. V.
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Begründung der Jury
Die Jury schlägt dem
Kuratorium einstimmig vor, den Annalise-Wagner-Preis 2009
an Dr. Arnold Hückstädt zu vergeben. Ausgezeichnet wird
seine – sowohl wissenschaftlich als auch sprachästhetisch
beeindruckende – Leistung als Kommentator der ersten
vollständigen Ausgabe von Briefen des Schriftstellers
Fritz Reuter (1810-1874).
Die dreibändige Edition erschließt insgesamt 1027
Reuter-Briefe aus den Jahren 1827 bis 1874 als Quellen für
die Auseinandersetzung mit Leben und Werk eines der
bedeutendsten niederdeutschen Schriftsteller und zur
mecklenburgischen Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts.
Dr. Arnold Hückstädt edierte die Briefe im Auftrag der
Fritz Reuter Gesellschaft Neubrandenburg e. V. und des
Fritz-Reuter-Literaturmuseums Stavenhagen. Band 1 (Briefe
1827 – 1860) erschien im März 2009 im Hinstorff-Verlag
Rostock, (ISBN 978-3-356-01302-3), Band 2 (Briefe 1861 –
1866) und Band 3 (Briefe 1867 – 1874) lagen der Jury als
Manuskript vor.
Die Juryentscheidung entspricht Annalise Wagners
testamentarischer Verfügung, mit dem
Annalise-Wagner-Preis „die weitere Aufarbeitung der
mecklenburgischen Kulturgeschichte zu unterstützen und zu
fördern“. Zudem berücksichtigt sie, dass die Stifterin
ausdrücklich einen thematischen Schwerpunkt setzte auf
Biografien, insbesondere „verdienter Mecklenburger“.
Der Annalise-Wagner-Preis geht damit satzungs- und
ausschreibungsgerecht an eine „wissenschaftliche
Arbeit“, die sich „inhaltlich auf das Stargarder Land
bezieht“, sind doch sowohl Biografie als auch Lebenswerk
Fritz Reuters auf vielfältige Weise mit dieser Region
verbunden. In Fritz Reuters sieben Neubrandenburger Jahren
entstanden seine wichtigsten Werke; Persönlichkeiten aus
Stadt und Region, Geschichte und Kulturgeschichte von
Mecklenburg-Strelitz sowie „Mecklenburger Platt“ prägten
wesentlich sein Leben und sein literarisches Werk.
Ausschlaggebend für die Preisfindung war die besondere
Qualität der literaturwissenschaftlichen, methodischen
und sprachästhetischen Leistung von Dr. Arnold Hückstädt.
Seine Gesamtausgabe der Briefe Fritz Reuters setzt
editorische Maßstäbe für kritische Briefausgaben.
In mehr als zwei Jahrzehnten hat der ausgewiesene
Reuter-Experte akribisch die Briefe in öffentlichen und
privaten Archiven zusammengetragen, zum Teil neu- und
wiederentdeckt. Den Originalquellen sind mehrere Register
(in Band 3) und ein vorzüglicher Stellenkommentar beigefügt.
Dieser ist in jedem Band klar und übersichtlich den
Briefen als Kommentarteil nachgeordnet und umfasst jeweils
mehr als die Hälfte der Gesamtseitenzahl.
Dr. Arnold Hückstädt vermittelt durch seine sachliche,
präzise und kenntnisreiche Kommentierung die notwendigen
Informationen für das Verständnis und die Einordnung der
Reuter-Briefe als historische Quellen: Angaben zu
Provenienz, Datierung oder Adressaten sowie zahlreiche
Hintergrundinformationen zu Briefpartnern, Zitaten oder
Anspielungen, zum historischen Kontext, zum Wortlaut von
Gegenbriefen. Die Informationen sind klug ausgewählt,
zuverlässig recherchiert, schnell auffindbar, übersichtlich
gegliedert, benutzerfreundlich kurz gehalten – und sehr
gut lesbar.
Für die weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit
Leben und Werk Fritz Reuters ist diese kommentierte
Quellenedition eine unentbehrliche Grundlage – darüber
hinaus gelingt es Dr. Arnold Hückstädt einen weiten
Leserkreis anzusprechen: Interessierte finden über die
Briefe und die Kommentare einen anregenden Zugang zu Fritz
Reuter, zur Kultur und Geschichte seiner Lebensjahre.
Fritz Reuters private Korrespondenz wird zum spannenden
Lesegenuss, auch für „Nicht-Plattsnacker“, denn Fritz
Reuter schrieb Briefe meist in hochdeutscher Sprache.
Dem Leser erschließt sich ganz unmittelbar ein farbiges,
facettenreiches, lebendiges Bild des Menschen Fritz
Reuter, seines sozialen Umfeldes, der politischen,
kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen seines
Lebens und seiner literarischen Leistungen.
Dr. Hückstädts Kommentar hilft verstehen, aber er
bevormundet den Leser nicht. Er interpretiert, deutet und
belehrt nicht, sondern öffnet ganz subtil die Augen dafür,
wie sich in Reuters Briefen, in seinen Werken und seiner
Lebensgeschichte die Brüche und Widersprüche seiner Zeit
spiegeln.
Wer Fritz Reuters Leben und Werk kennt, wird auf Fragen
Antworten finden oder neue Fragen stellen, wird Klischees
hinterfragen oder Bekanntes neu bewerten. Und wer einfach
aus Neugier in die Reuter-Briefe „hineinblättert“,
wird vom Kommentator sachkundig „an die Hand
genommen“, kann eine faszinierende Lese-Entdeckung
machen.
Der Literaturwissenschaftler Dr. Arnold Hückstädt ist
einer der besten Reuter-Kenner Deutschlands: Er war von
1959 bis 1991 Leiter des Fritz-Reuter-Literaturmuseums in
Stavenhagen, hat zahlreiche wissenschaftliche und populärwissenschaftliche
Arbeiten über diesen niederdeutschen Autor veröffentlicht
und engagiert sich heute im Ruhestand als aktives Mitglied
der Fritz Reuter Gesellschaft e. V. und für eine
lebendige niederdeutsche Sprache.
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