Annalise-Wagner-Preisverleihung 2006


Grußwort der Stadt Neubrandenburg
Herr Rainer Helmke, 2. Beigeordneter des Oberbürgermeisters

 

Sehr geehrter Herr Rohde, sehr geehrter Herr Szczesiak, sehr geehrte Gäste,

als Rechtsträger der Annalise-Wagner-Stiftung freut es die Stadt Neubrandenburg, dass sich zwischen Annalise Wagners Stiftung und ihrer Heimatstadt - ganz im Sinne Ihrer Ehrenbürgerin - eine so gute Zusammenarbeit entwickelt hat. Es ist ein gutes und wichtiges Symbol, dass heute hier am historischen Ort die drei Einrichtungen, die das materielle und geistige Vermächtnis Annalise Wagners bewahren und weitergeben - Karbe-Wagner-Archiv, Museum Neustrelitz und Annalise-Wagner-Stiftung - gemeinsam zeigen:

Annalise Wagners Erbe ist lebendig in der und für die gesamte Region Mecklenburg-Strelitz, es wird gepflegt, es wird gebraucht, es setzt unverwechselbare kulturelle Akzente – und wirkt weit in die Zukunft hinein!

Ich gratuliere dem Karbe-Wagner-Archiv herzlich zum diesjährigen „Fünfzigsten“, schätze die Arbeit des Neustrelitzer Museums – und bin natürlich auch ein bisschen stolz darauf, wie gut sich der Teil des Vermächtnisses entwickelt, den Annalise Wagner vor 20 Jahren testamentarisch in die Hände der Neubrandenburger Bibliothek bzw. der Stadt Neubrandenburg gegeben hat: die Verleihung eines regionalen Literaturpreises.

Wenn heute der 15. Annalise-Wagner-Preis vergeben wird, können wir resümieren:
Annalise Wagner hat den Grundstein gelegt für den ersten Literaturpreis in unserem Bundesland, der nach 1990 neu ins Leben gerufen wurde, der privat initiiert und durch eine Stiftung vergeben wurde
und die Annalise-Wagner-Stiftung hat es in nur 15 Jahren geschafft, daraus einen anerkannten Literaturpreis zu machen, der jährlich ein „Merkzeichen“ setzt für den besonderen Wert von Regionalliteratur für das „Gedächtnis“ unserer Region und der zu einem  „Markenzeichen“ für inhaltlich und sprachästhetisch gute Regionalliteratur geworden ist.

Am Herzen liegt mir, heute auch noch einen anderen Gedanken zu betonen: Für mich sind Annalise-Wagner-Stiftung und Annalise-Wagner-Preis ein interessantes Beispiel dafür, dass wir Bürger selbst aktiv werden, selbst Verantwortung übernehmen können, selbst Gutes tun können für die Gemeinschaft (z. B. wie eben hier für Kultur und Literaturförderung) – dass wir uns aktiv einbringen können in die Entwicklung einer demokratischen Bürgergesellschaft.

Annalise Wagner hat bürgerschaftliches Engagement vorgelebt: Sie hatte eine Vision – und sie ergriff dafür die Initiative, gründete das Karbe-Wagner-Archiv, initiierte die Neugründung des Neustrelitzer Museums, leistete Bemerkenswertes als Heimatforscherin und Autorin – und bestimmte am Ende ihres Lebens mit bewundernswerter politischer Weitsicht und großem Zukunftsvertrauen ihr privates Vermögen dazu, nach ihrem Tod Gemeinnütziges zu bewirken, Regionalliteratur als Teil des „Gedächtnisses der Region“ zu fördern.

Das Vertrauen, das sie damit in ihren Erben in Neubrandenburg setzte, war groß. Aber 5 Jahre lang konnte die Neubrandenburger Regionalbibliothek dieses Vermächtnis nicht erfüllen, war es doch im Kultur- und Rechtssystem der DDR nicht möglich, einen privat angeregten und finanzierten Literaturpreis ins Leben zu rufen. Als sich 1990 jedoch die Rechtsverhältnisse änderten, regte die Regionalbibliothek sofort an, Annalise Wagners Vermächtnis in der Rechtsform einer Stiftung zu verwirklichen: Eine Stiftung ist ja verpflichtet, ihr Stiftungskapital für ewig zu bewahren und allein mit den erzielten Zinsen ihren Stiftungszweck zu erfüllen – und kann so den Stifterwillen nachhaltig, für ewig, umsetzen.

Durch das große Engagement der Mitstreiter der ersten Stunde aus Neubrandenburg und Neustrelitz wurde diese Stiftung schnell und unbürokratisch als „unselbstständige Stiftung“ in Trägerschaft der Stadt Neubrandenburg realisiert – lange bevor 1993 das Stiftungsgesetz des Bundeslandes in Kraft trat: Vor 15 Jahren, am 19. März 1991 errichtete die Neubrandenburger Stadtvertreterversammlung die Annalise-Wagner-Stiftung mit dem Stiftungszweck, den Annalise-Wagner-Preis zu vergeben.

Und das war nicht nur im Hinblick auf die Sicherung des finanziellen Nachlasses für den regionalen Literaturpreis eine gute Idee – sondern auch deshalb, weil die praktische Arbeit einer Stiftung selbst – ganz im Sinne Annalise Wagners - bürgerschaftliches Engagement, ehrenamtlichen Einsatz vieler Bürger erfordert und fördert.

Ich danke herzlich allen 128 Bürgern, die seit 1991 in der Stiftung und für den regionalen Literaturpreis ein Ehrenamt übernommen haben! 38 Ehrenamtliche trugen bisher in Vorstand und Kuratorium Verantwortung für die Bewahrung des Stiftungskapitals und die Stiftungspraxis – und Herr Georg Huschka aus Neustrelitz, Frau Gudrun Mohr, Frau Hannelore Melka und Herr Dr. Lübbert aus Neubrandenburg sind seit 1991 aktiv dabei! 90 Ehrenamtliche wirkten außerdem als Jurymitglieder an der Vergabe des Annalise-Wagner-Preises mit!

Etwas ganz Besonderes haben die Ehrenamtlichen in der Stiftung schon von Anfang an in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt: So wie sich Annalise Wagner für das Gedächtnis der  gesamten historisch gewachsenen Region Mecklenburg-Strelitz engagiert hat, war es  von Anfang an wichtig, über „kommunale Grenzen“ hinweg für die Region zu wirken. Es hätte die Stifterin sehr gefreut, dass Bürger aus Neustrelitz, ihrer Heimatstadt, aus Neubrandenburg, der Heimatstadt ihrer Stiftung, und aus dem Landkreis Mecklenburg-Strelitz, dessen Kultur, Geschichte und Literatur ihr so am Herzen lag, gemeinsam etwas für unsere Regionalliteratur tun!

Übrigens steckt ein Stück Bürgergesellschaft sogar in der Ausschreibung des Annalise-Wagner-Preises und in der Juryarbeit: Das Kuratorium entscheidet nicht selbst, welche Titel für den Literaturpreis in Frage kommen, sondern es bittet die Bürger der Region – und durch die Online-Ausschreibung auch weit darüber hinaus - um Bewerbungen und Vorschläge. Die Resonanz ist für einen Regionalliteratur-Preis beachtlich; 484 Bürger haben sich  bisher  beteiligt.

Auch in die Juryarbeit bezieht die Annalise-Wagner-Stiftung in jedem Jahr Bürger aus Literatur-, Geschichts- und Kulturvereinen der Region ein und baut auf diese Weise mit am Netzwerk bürgerschaftlichen Engagements für die kulturelle Entwicklung unserer Region.

Die Stadt Neubrandenburg schätzt diese regionalen Facetten der Stiftungsarbeit sehr und hat 2005 die jährliche Vergabe des Preises und dessen festliche Verleihung aufgenommen in ihr Kulturentwicklungskonzept als „Bestandteil des verstärkten Engagements der Stadt Neubrandenburg zur Förderung von Regionalkultur und -literatur und zur regionalen Vernetzung von Kulturförderung“.

Die Annalise-Wagner-Stiftung ist zwar finanziell eine der kleinsten Stiftungen im Bundesland, aber sie engagiert sich nicht nur für den eigenen Stiftungszweck, sondern versucht mit ihren Möglichkeiten, den Stiftungsgedanken populär zu machen: Sie hat 2001 den „ersten Stiftungstag in den Ländern Nordost- und Mitteldeutschlands“ in Neubrandenburg organisiert, wirkt aktiv mit im „Initiativkreis Stiftungen für Mecklenburg-Vorpommern“ und vermittelt auf ihrer Homepage nicht nur ausführliche Informationen über die eigene Arbeit, sondern auch Links zu Kulturstiftungen in Mecklenburg-Vorpommern, zu Literaturpreisen in Mecklenburg-Vorpommern oder zu wichtigen Adressen rund um das Stiftungswesen in Deutschland. Das finde ich großartig.

Die Stadt Neubrandenburg wünscht allen Stiftungsmitstreitern weiter so viel Kraft und so guten Erfolg und dankt allen Bürgern, die durch Bewerbung oder Vorschlag dem Annalise-Wagner-Preis Leben geben! Und auch ganz persönlich: Dankeschön für den guten Lesetipp, der in jedem Jahr mit der Bekanntgabe des Annalise-Wagner-Preisträgers durch die Presse geht: immer wieder entdecke auch ich auf diese Weise überraschende Informationen aus und über Mecklenburg-Strelitz und freue mich über gut lesbare Texte. Weiter so!

So habe ich auch Ihr Werk, sehr geehrter Herr Szczesiak, nicht nur mit großem Interesse, sondern auch und mit viel Genuss gelesen. Dafür ein großes Dankeschön!


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