Sehr geehrter Herr Rohde,
sehr geehrter Herr Szczesiak, sehr geehrte Gäste,
als Rechtsträger der Annalise-Wagner-Stiftung freut es
die Stadt Neubrandenburg, dass sich zwischen Annalise
Wagners Stiftung und ihrer Heimatstadt - ganz im Sinne
Ihrer Ehrenbürgerin - eine so gute Zusammenarbeit
entwickelt hat. Es ist ein gutes und wichtiges Symbol,
dass heute hier am historischen Ort die drei
Einrichtungen, die das materielle und geistige Vermächtnis
Annalise Wagners bewahren und weitergeben -
Karbe-Wagner-Archiv, Museum Neustrelitz und
Annalise-Wagner-Stiftung - gemeinsam zeigen:
Annalise Wagners Erbe ist lebendig in der und für die
gesamte Region Mecklenburg-Strelitz, es wird gepflegt, es
wird gebraucht, es setzt unverwechselbare kulturelle
Akzente – und wirkt weit in die Zukunft hinein!
Ich gratuliere dem Karbe-Wagner-Archiv herzlich zum diesjährigen
„Fünfzigsten“, schätze die Arbeit des Neustrelitzer
Museums – und bin natürlich auch ein bisschen stolz
darauf, wie gut sich der Teil des Vermächtnisses
entwickelt, den Annalise Wagner vor 20 Jahren
testamentarisch in die Hände der Neubrandenburger
Bibliothek bzw. der Stadt Neubrandenburg gegeben hat: die
Verleihung eines regionalen Literaturpreises.
Wenn heute der 15. Annalise-Wagner-Preis vergeben wird, können
wir resümieren:
Annalise Wagner hat den Grundstein gelegt für den ersten
Literaturpreis in unserem Bundesland, der nach 1990 neu
ins Leben gerufen wurde, der privat initiiert und durch
eine Stiftung vergeben wurde
und die Annalise-Wagner-Stiftung hat es in nur 15 Jahren
geschafft, daraus einen anerkannten Literaturpreis zu
machen, der jährlich ein „Merkzeichen“ setzt für den
besonderen Wert von Regionalliteratur für das „Gedächtnis“
unserer Region und der zu einem
„Markenzeichen“ für inhaltlich und sprachästhetisch
gute Regionalliteratur geworden ist.
Am Herzen liegt mir, heute auch noch einen anderen
Gedanken zu betonen: Für mich sind
Annalise-Wagner-Stiftung und Annalise-Wagner-Preis ein
interessantes Beispiel dafür, dass wir Bürger selbst
aktiv werden, selbst Verantwortung übernehmen können,
selbst Gutes tun können für die Gemeinschaft (z. B. wie
eben hier für Kultur und Literaturförderung) – dass
wir uns aktiv einbringen können in die Entwicklung einer
demokratischen Bürgergesellschaft.
Annalise Wagner hat bürgerschaftliches Engagement
vorgelebt: Sie hatte eine Vision – und sie ergriff dafür
die Initiative, gründete das Karbe-Wagner-Archiv,
initiierte die Neugründung des Neustrelitzer Museums,
leistete Bemerkenswertes als Heimatforscherin und Autorin
– und bestimmte am Ende ihres Lebens mit
bewundernswerter politischer Weitsicht und großem
Zukunftsvertrauen ihr privates Vermögen dazu, nach ihrem
Tod Gemeinnütziges zu bewirken, Regionalliteratur als
Teil des „Gedächtnisses der Region“ zu fördern.
Das Vertrauen, das sie damit in ihren Erben in
Neubrandenburg setzte, war groß. Aber 5 Jahre lang konnte
die Neubrandenburger Regionalbibliothek dieses Vermächtnis
nicht erfüllen, war es doch im Kultur- und Rechtssystem
der DDR nicht möglich, einen privat angeregten und
finanzierten Literaturpreis ins Leben zu rufen. Als sich
1990 jedoch die Rechtsverhältnisse änderten, regte die
Regionalbibliothek sofort an, Annalise Wagners Vermächtnis
in der Rechtsform einer Stiftung zu verwirklichen: Eine
Stiftung ist ja verpflichtet, ihr Stiftungskapital für
ewig zu bewahren und allein mit den erzielten Zinsen ihren
Stiftungszweck zu erfüllen – und kann so den
Stifterwillen nachhaltig, für ewig, umsetzen.
Durch das große Engagement der Mitstreiter der ersten
Stunde aus Neubrandenburg und Neustrelitz wurde diese
Stiftung schnell und unbürokratisch als „unselbstständige
Stiftung“ in Trägerschaft der Stadt Neubrandenburg
realisiert – lange bevor 1993 das Stiftungsgesetz des
Bundeslandes in Kraft trat: Vor 15 Jahren, am 19. März
1991 errichtete die Neubrandenburger
Stadtvertreterversammlung die Annalise-Wagner-Stiftung mit
dem Stiftungszweck, den Annalise-Wagner-Preis zu vergeben.
Und das war nicht nur im Hinblick auf die Sicherung des
finanziellen Nachlasses für den regionalen Literaturpreis
eine gute Idee – sondern auch deshalb, weil die
praktische Arbeit einer Stiftung selbst – ganz im Sinne
Annalise Wagners - bürgerschaftliches Engagement,
ehrenamtlichen Einsatz vieler Bürger erfordert und fördert.
Ich danke herzlich allen 128 Bürgern, die seit 1991 in
der Stiftung und für den regionalen Literaturpreis ein
Ehrenamt übernommen haben! 38 Ehrenamtliche trugen bisher
in Vorstand und Kuratorium Verantwortung für die
Bewahrung des Stiftungskapitals und die Stiftungspraxis
– und Herr Georg Huschka aus Neustrelitz, Frau Gudrun
Mohr, Frau Hannelore Melka und Herr Dr. Lübbert aus
Neubrandenburg sind seit 1991 aktiv dabei! 90
Ehrenamtliche wirkten außerdem als Jurymitglieder an der
Vergabe des Annalise-Wagner-Preises mit!
Etwas ganz Besonderes haben die Ehrenamtlichen in der
Stiftung schon von Anfang an in den Mittelpunkt ihrer
Arbeit gestellt: So wie sich Annalise Wagner für das Gedächtnis
der gesamten
historisch gewachsenen Region Mecklenburg-Strelitz
engagiert hat, war es
von Anfang an wichtig, über „kommunale
Grenzen“ hinweg für die Region zu wirken. Es hätte die
Stifterin sehr gefreut, dass Bürger aus Neustrelitz,
ihrer Heimatstadt, aus Neubrandenburg, der Heimatstadt
ihrer Stiftung, und aus dem Landkreis Mecklenburg-Strelitz,
dessen Kultur, Geschichte und Literatur ihr so am Herzen
lag, gemeinsam etwas für unsere Regionalliteratur tun!
Übrigens steckt ein Stück Bürgergesellschaft sogar in
der Ausschreibung des Annalise-Wagner-Preises und in der
Juryarbeit: Das Kuratorium entscheidet nicht selbst,
welche Titel für den Literaturpreis in Frage kommen,
sondern es bittet die Bürger der Region – und durch die
Online-Ausschreibung auch weit darüber hinaus - um
Bewerbungen und Vorschläge. Die Resonanz ist für einen
Regionalliteratur-Preis beachtlich; 484 Bürger haben sich
bisher beteiligt.
Auch in die Juryarbeit bezieht die
Annalise-Wagner-Stiftung in jedem Jahr Bürger aus
Literatur-, Geschichts- und Kulturvereinen der Region ein
und baut auf diese Weise mit am Netzwerk bürgerschaftlichen
Engagements für die kulturelle Entwicklung unserer
Region.
Die Stadt Neubrandenburg schätzt diese regionalen
Facetten der Stiftungsarbeit sehr und hat 2005 die jährliche
Vergabe des Preises und dessen festliche Verleihung
aufgenommen in ihr Kulturentwicklungskonzept als
„Bestandteil des verstärkten Engagements der Stadt
Neubrandenburg zur Förderung von Regionalkultur und
-literatur und zur regionalen Vernetzung von Kulturförderung“.
Die Annalise-Wagner-Stiftung ist zwar finanziell eine der
kleinsten Stiftungen im Bundesland, aber sie engagiert
sich nicht nur für den eigenen Stiftungszweck, sondern
versucht mit ihren Möglichkeiten, den Stiftungsgedanken
populär zu machen: Sie hat 2001 den „ersten
Stiftungstag in den Ländern Nordost- und
Mitteldeutschlands“ in Neubrandenburg organisiert, wirkt
aktiv mit im „Initiativkreis Stiftungen für
Mecklenburg-Vorpommern“ und vermittelt auf ihrer
Homepage nicht nur ausführliche Informationen über die
eigene Arbeit, sondern auch Links zu Kulturstiftungen in
Mecklenburg-Vorpommern, zu Literaturpreisen in
Mecklenburg-Vorpommern oder zu wichtigen Adressen rund um
das Stiftungswesen in Deutschland. Das finde ich großartig.
Die Stadt Neubrandenburg wünscht allen
Stiftungsmitstreitern weiter so viel Kraft und so guten
Erfolg und dankt allen Bürgern, die durch Bewerbung oder
Vorschlag dem Annalise-Wagner-Preis Leben geben! Und auch
ganz persönlich: Dankeschön für den guten Lesetipp, der
in jedem Jahr mit der Bekanntgabe des
Annalise-Wagner-Preisträgers durch die Presse geht: immer
wieder entdecke auch ich auf diese Weise überraschende
Informationen aus und über Mecklenburg-Strelitz und freue
mich über gut lesbare Texte. Weiter so!
So habe ich auch Ihr Werk, sehr geehrter Herr Szczesiak,
nicht nur mit großem Interesse, sondern auch und mit viel
Genuss gelesen. Dafür ein großes Dankeschön!
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