Quelle:
Neue Schriftenreihe des
Karbe-Wagner-Archivs : Heft 1. – Schwerin . Helms, 2003. – S.
137 - 143
Wer sich mit
Annalise Wagners Leben und Werk auseinandersetzt, muss auch Annalise
Wagners Rolle als Stifterin einbeziehen
- und das Wirken der Annalise-Wagner-Stiftung. Diese Stiftung
verwirklicht ihr testamentarisches Vermächtnis – und fördert auf
besondere Weise, was ihr am Herzen lag: das „historische Gedächtnis“
ihrer Heimat zu erhalten, auszubauen und weiterzugeben.
Stifter sind besondere Menschen
: Annalise Wagners Testament
„Stifter sind besondere Menschen“ wird in vielen Publikationen
zum Stiftungswesen betont. Stifter beweisen besonderes persönliches
Interesse und Verantwortungsbewußtsein z. B. für Kultur, Kunst,
Wissenschaft, Bildung oder Umweltschutz, in denen der gemeinnützige
Sektor immer wichtiger wird. Stifter leisten Besonderes, wenn sie
Privatvermögen als Stiftungskapital einem gemeinnützigen Zweck zur
Verfügung stellen. Und Stifter können dadurch etwas Besonderes: Sie
können ganz speziell die Verwirklichung eigener Visionen
„anstiften“ und weitere Bürger dafür mobilisieren. Manchmal aber
gehören auch tragische Lebensakzente, Einsamkeit oder Familienverlust
zum Stifterschicksal.
Auch Annalise Wagner ist eine Stifterin – und war solch ein
besonderer Mensch. Ausführlich wird in zahlreichen Artikeln – und
im druckfrischen 1. Heft der Neuen Schriftenreihe des
Karbe-Wagner-Archivs - beschrieben, wie sie sich als Heimatforscherin,
Sammlerin und Autorin, als Gründerin des Karbe-Wagner-Archivs und des
Museums Neustrelitz für das „historische Gedächtnis“ ihrer
Heimatstadt Neustrelitz und Heimatregion Mecklenburg-Strelitz
einsetzte. Es wird berichtet, welche Verdienste sie sich erwarb, wie
sie als „Eckstein“ Anstoß erregte und Anstöße gab – aber auch
wie oft sie als schwierige Persönlichkeit, als „unbequeme
Kämpfernatur“ mit „kompromisslosem
Anspruch an die Freiheit des Geistes“ in Konflikte geriet. Ihre
tiefe Enttäuschung und Kränkung über die Behandlung durch
staatliche und kulturpolitische Entscheidungsträger der Stadt
Neustrelitz und des Rates des Bezirkes Neubrandenburg in ihren letzten
Lebensjahrzehnten spielte deshalb eine Rolle, als sie im Februar 1986
in ihrem Testament festlegte: „Zu
meinem alleinigen Erben ernenne ich die Stadt- und Bezirksbibliothek
Neubrandenburg. Sie soll alles erhalten, was bei meinem Tode an
Nachlass vorhanden ist. Übergehen sollen auf sie auch alle Rechte,
die mir aus meiner literarischen Tätigkeit zustehen.“ Zu
Mitarbeiterinnen der Regionalbibliothek hatte Annalise Wagner ja bis
zuletzt ein besonders gutes persönliches Verhältnis und schätzte
deren fachliche Arbeit beim Aufbau der regionalkundlichen Sammlung und
des Archivbestandes „Literarisches Erbe“.
Das Testament ist gleichzeitig aber auch ein Dokument des
Zukunftsvertrauens und der Konsequenz, mit der Annalise Wagner ihrer
Lebensaufgabe treu blieb. Sie formulierte in klarem Verständnis, dass
dieser Wunsch unter den gegebenen kulturpolitischen und rechtlichen
Bedingungen nicht realisierbar war:
„Da in meinem gesamten Leben die mecklenburgische Kulturgeschichte
große Bedeutung hatte, ist es mein Wunsch, aus einem Teil des
Nachlasses die weitere Aufarbeitung der mecklenburgischen
Kulturgeschichte auch künftig zu fördern bzw. zu unterstützen. ...
Aus den Zinsen [des nachgelassenen Barvermögens] soll jährlich eine
derartige Arbeit, sei es in Prosa , Lyrik, Biographie, Geschichte
usw., die einen besonderen Wert hat, mit einem Preis gewürdigt
werden. “ Die Stadt- und Bezirksbibliothek Neubrandenburg nahm
nach Annalise Wagners Tod am 26. Juni 1986 ihr verpflichtendes Erbe
an. Sie übergab 1989/90 auf der Grundlage einer vertraglichen
Regelung alle musealen Sammlungsgüter mit Eigentumsübertragung an
das Museum der Stadt Neustrelitz und den archivarischen bzw.
literarischen Nachlass als Dauerleihgabe an das Karbe-Wagner-Archiv
Neustrelitz zur wissenschaftlichen Aufbereitung und Nutzung. Auch
finanzielle Mittel aus dem Nachlass wurden bereitgestellt, um
Sanierungsarbeiten an den beiden Einrichtungen zu unterstützen, die
zu Annalise Wagners bleibenden Verdiensten zählen.
Eine besondere Rechtsform für
Annalise Wagners Vermächtnis : unselbständige Stiftung
Aber Annalise Wagners testamentarische Festlegung über die
Vergabe eines regionalen Literaturpreises konnte von der Stadt- und
Bezirksbibliothek fünf Jahre lang nicht umgesetzt werden, weil im
Rechts- und Kultursystem der DDR für solche Privatinitiativen die
Rechtsgrundlagen fehlten. Als 1990 das Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern entstand, und sich die gesetzlichen Grundlagen
durch die Gültigkeit des Grundgesetzes und des Bürgerlichen
Gesetzbuches auch im Gebiet der ehemaligen DDR änderten, regte die
nunmehrige Regionalbibliothek Neubrandenburg sofort an, Annalise
Wagners Vermächtnis in Form einer Stiftung zu verwirklichen.
Allerdings existierte damals noch kein Stiftungsgesetz für das Land
Mecklenburg-Vorpommern (trat am 24. 2. 1993 in Kraft) und das
Stiftungskapital war mit 98 081. – DM relativ gering. Deshalb bot
sich an, als Rechtsform der Stiftung eine eher ungewöhnliche Variante
zu wählen - die Rechtsform einer nicht rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen
Rechts. Stiftungsverwalter dieser Stiftung kann nur eine rechtlich
selbständige Einrichtung sein ; in diesem Fall also die Stadt
Neubrandenburg als neuer Rechtsträger der kommunalen Einrichtung
Regionalbibliothek.
Die besondere Verbindung der Regionalbibliothek mit der Stiftung wurde
bei der Erarbeitung der Satzung berücksichtigt, indem „der Leiter der Regionalbibliothek geborenes Mitglied des Kuratoriums und
ein weiterer Mitarbeiter Mitglied des Vorstands“ ist. Die Stadt
Neubrandenburg sichert diese personelle Anbindung der Stiftung an die
Regionalbibliothek durch die Übernahme in den Aufgabenkatalog der
Planstellen.
Am 19. März 1991 errichtete die Stadtvertreterversammlung der Stadt
Neubrandenburg mit Beschluss Nr. 04-14/91 die
„Annalise-Wagner-Stiftung“ als „eine
nicht rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in
Neubrandenburg“ – und schuf damit die rechtliche und
organisatorische Grundlage für die Verwirklichung des
testamentarischen Vermächtnisses Annalise Wagners.
Die Errichtung der Annalise-Wagner-Stiftung und deren erfolgreiche
Arbeit ist auf ganz besondere Weise aber auch ein Verdienst der
Neubrandenburger Bibliothekarin Gudrun Mohr, die sich persönlich außerordentlich
bei der Gründung, als langjährige Geschäftsführerin und als
Kuratoriumsmitglied engagiert.
Interessant ist: Diese Stiftung ist die erste Kulturstiftung, die nach
Gründung des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern entstand – und
eine der frühesten Stiftungsgründungen nach 1990 in den neuen
Bundesländern. Grund dafür ist nicht nur die rasche praktische
Umsetzung dieser Rechtsform durch die Initiatoren, sondern vor allem
Annalise Wagners Weitsicht. Mit ihrem Testament legte sie den
Grundstein für die Stiftung – und das bereits in einer Zeit, als an
die Verwirklichung ihrer Vision vom privat „angestifteten“
Literaturpreis noch nicht zu denken war!
Der Stiftungszweck : Annalise
Wagners Vision vom regionalen Literaturpreis
Für die Initiatoren der Stiftung war klar: Diese Stiftung soll im
Sinne Annalise Wagners über die Stadtgrenzen Neubrandenburgs hinaus
wirken, in der und für die Region Mecklenburg-Strelitz. Sie soll Bürgern
der Region Annalise Wagners Credo nahebringen:
„Nur der vermag sich die Zukunft zu bauen, der die geschichtliche
Vergangenheit trotz kritischer Wertung achtet, der die Eigenart
unseres Heimatlandes liebt ...“
Und sie soll insbesondere Annalise Wagners Vision von einem regionalen
Literaturpreis für literarische Dokumente aus und über die Region
Mecklenburg-Strelitz verwirklichen.
Wie wichtig gerade literarische Dokumente als Bestandteile des „Gedächtnisses“
einer Region sind wußte Annalise Wagner aus eigener Erfahrung: Über
Jahrhunderte bewahren und vermitteln sie Daten und Fakten, Gedanken
und Gefühle, Welt- und Zukunftsbilder der Menschen, aus deren
Biografien sich Geschichte zusammensetzt - und sie ermöglichen die
Kommunikation darüber. Auch nachfolgende Generationen können aus
solchen Quellen schöpfen. Die Stärkung dieses ganz speziellen Teil
des „Gedächtnisses“ ihrer Heimatregion wollte Annalise Wagner mit
ihrem testamentarischen Vermächtnis im besten Sinne des Wortes
„anstiften“.
Als Stiftungszweck ist deshalb in der Satzung der
Annalise-Wagner-Stiftung festgeschrieben: „Zweck
der Stiftung ist es, die weitere Aufarbeitung der mecklenburgischen
Kulturgeschichte ... zu unterstützen und zu fördern. Der
Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch die jährliche
Auszeichnung einer Arbeit in Prosa oder Lyrik, zu Biographie,
Geschichte oder einer Arbeit, die der Fortführung der von Annalise
Wagner begonnenen „Enzyklopädie verdienter Mecklenburger“ dient.
Alternativ ist auch die Vergabe eines Stipendiums möglich, für
welches die Stipendiaten Leistungen mit gleicher inhaltlicher
Zielsetzung erbringen müssen.“
Das Statut des Annalise-Wagner-Preises legt fest: „Der Preis wird vergeben für wissenschaftliche, populärwissenschaftliche
oder belletristische Arbeiten aller Gattungen und Genres, soweit sie
sich inhaltlich auf das Stargarder Land beziehen oder von in dieser
Region lebenden Autoren verfaßt wurden.“
Die Annalise-Wagner-Stiftung möchte mit der Verleihung des
Literaturpreises nicht nur den Beitrag literarischer Arbeiten zum
„Gedächtnis“ der Region würdigen, sondern auch die Öffentlichkeit
für diese besondere Leistung von Autorinnen und Autoren
sensibilisieren und zu einer kulturellen Atmosphäre beitragen, die
literarische Produktion und Publikation anregt und fördert.
Namensgeberin des Literaturpreises ist selbstverständlich Annalise
Wagner – als Stifterin , aber auch in Würdigung ihres Engagements
als Buchhändlerin und Archivarin, als Heimatforscherin und produktive
Autorin, als Initiatorin und Herausgeberin der verdienstvollen
„Schriftenreihe des Karbe-Wagner-Archivs und nicht zuletzt in
Erinnerung an ihre Bereitschaft, Autorinnen und Autoren, die als Laien
oder professionelle Historiker regionalkundlich forschten und
publizierten, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Erfolgreiche Stiftungspraxis:
Juryarbeit, Preisträger, Stipendiat
Allein die Zahl von bisher insgesamt 356 Bewerbungen und Vorschlägen
belegt, wie bekannt und begehrt der Annalise-Wagner-Preis inzwischen
ist. Die Arbeit der Jury, für die jährlich neu Mitglieder des
Kuratoriums der Stiftung und Vertreter von Kultur-, Geschichts-,
Literatur- oder Heimatvereinen aus der Region berufen werden, ist in
jedem Jahr anspruchsvoll. Zu bewerten waren ganz unterschiedliche
literarische Genres, z. B. Gedichte, dramatische Entwürfe,
umfangreiche Romanmanuskripte, populäre und wissenschaftliche
Abhandlungen zu Geschichte, Naturkunde, Biografie oder Volkskunde der
Region. In den letzten Jahren nahm nicht nur deren Quantität, sondern
vor allem die Qualität zu, was die
Entscheidung für einen Preisträger-Vorschlag an das
Kuratorium der Stiftung nicht leichter macht. Besonders herzlicher
Dank der Stiftung gilt deshalb allen 68 Jurymitgliedern, die seit 1992
ehrenamtlich tätig waren!
Mit dem Annalise-Wagner-Preis zeichnete die Annalise-Wagner-Stiftung
1992 bis 2003 aus:
die numismatische Untersuchung von Jörg Sachse aus Neustrelitz „Das
Notgeld des heutigen Kreises Neustrelitz“ (1992), die volkskundliche
Sammlung und Dorfchronik von Gisela Krull aus Peckatel „Von Bauern,
Rittern und Gespenstern – vorgestern und gestern in Peckatel“(1993),
der historisch-biografische Roman von Anita Heiden-Berndt aus
Neubrandenburg „Friederike Auguste Krüger“ (1994), die
verkehrsgeschichtliche populärwissenschaftliche Abhandlung von Werner
Lexow aus Neubrandenburg „Eisenbahnen in Mecklenburg-Strelitz“
(1995), die sportwissenschaftliche Untersuchung von Dr. Dietrich Grünwald
aus Neubrandenburg „Turner auf zum Streite ;: die Anfänge des
Vaterländischen Turnens und das Wirken Friedrich Ludwig Jahns in
Mecklenburg-Strelitz“ (1996), die Biografie von Dr. Wilfried Bölke
aus Ankershagen „Heinrich Schliemann : ein berühmter
Mecklenburger“ (1997), das Manuskript von Maria Neuhaus aus Fulda
„Ein ehemaliger Neustrelitzer Bürger – Hans-Jürgen Graf von
Blumenthal“ (1998), die wissenschaftliche Arbeit von Dr. Axel
Lubinski aus Cammin „Entlassen aus dem Untertanenverband : die
Amerika-Auswanderung aus Mecklenburg-Strelitz im 19. Jahrhundert
(1999), das Manuskript von Renate Hippauf aus Tenzke „Johann
Heinrich von Thünen : ein Lebensbild“ (2000), die Publikation von
Christiane Witzke aus Neustrelitz „Domjüch : Erinnerungen an eine
Heil- und Pflegeanstalt in Mecklenburg-Strelitz“ (2002) und die
theatergeschichtliche Publikation von Matthias Wolf aus Neubrandenburg
„Theater in Neubrandenburg : Beiträge zur Geschichte darstellenden
Verhaltens“ (2003).
Annalise Wagners besonderem Wunsch, literarische Arbeiten zu würdigen,
die das Anliegen ihrer „Enzyklopädie berühmter Mecklenburger“
fortsetzen, entsprechen 5 der Preisträgerarbeiten. Ihrer Intention,
mit dem Preis die Beschäftigung von Laien mit regionaler
Kulturgeschichte zu würdigen oder deren populärwissenschaftliche
Vermittlung zu fördern, werden alle Preisträger gerecht.
Gern würde die Annalise-Wagner-Stiftung noch mehr Ideen umsetzen, um
literarisches Arbeiten von jungen Leuten zu fördern und öffentlich
zu würdigen. 1999 war es durch die finanzielle Unterstützung der
Neubrandenburger Sparkasse möglich, 2 Jugendpreise zu vergeben: Sie
gingen an Katharina Schlender für das Drama „Kegebein – ein
Sommerspiel“ und an Beatrix Schmidt für ihre fachwissenschaftliche
Arbeit „Burg und Stadt : Burg Stargard im Mittelalter“ .1998
schrieb die Stiftung anlässlich des 750. Stadtjubiläums von
Neubrandenburg den Literaturpreis unter dem Motto „Alte Stadt und
junge Leute“ speziell für junge Autoren aus - und konnte die
originelle Studentenarbeit von Maria Neuhaus aus Fulda auszeichnen,
die biografische Spurensuche in Neustrelitz verknüpfte mit einer
streitbaren philosophischen Auseinandersetzung mit Zivilcourage.
Anläßlich des 100. Geburtstages Annalise Wagners beschloss das
Kuratorium, dass die Jury des Annalise-Wagner-Preises ab 2003 die Möglichkeit
hat, dem Kuratorium zusätzlich zum Vorschlag für den
Annalise-Wagner-Preis den Vorschlag für eine „Lobende Anerkennung für
junge Autoren“ zu unterbreiten. Die „Lobende Anerkennung“ soll
eine Arbeit würdigen, die innerhalb der offiziellen Ausschreibung des
Annalise-Wagner-Preises als Bewerbung eingereicht wird und deren
Autorin / deren Autor bis 27 Jahre alt ist. Die Dotierung beträgt
200. - € und ist von der Stiftung über Sponsorengelder einzuwerben.
Die erste „Lobende Anerkennung für junge Autoren“ erhielt der 27jährige
Rostocker Student Silvio Jacobs für sein Manuskript „Das
mecklenburgische Neustrelitz im Kontext frühneuzeitlicher Stadtgründungen“,
das die Gründung von Neustrelitz in den deutschen und europäischen
Kontext stellt und hilft, Lücken in der stadthistorischen Forschung
zur mecklenburg-strelitzschen Barockstadt aufzuzeigen. Sponsor ist die
Neubrandenburger Sparkasse.
Besonders nachhaltig förderte die Annalise-Wagner-Stiftung im Jahr
2001 die Aufarbeitung von Kulturgeschichte der Region. Anlässlich des
300. Gründungsjubiläums von Mecklenburg-Strelitz und des 10.
Errichtungsjubiläums der Stiftung wurde mit finanzieller Unterstützung
der Stadt Neustrelitz, des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, der
Sparkasse Mecklenburg-Strelitz und der Neubrandenburger Sparkasse –
allen Sponsoren an dieser Stelle besonderer Dank! - erstmals ein
Stipendium in Höhe von 10 000. – DM an Stelle des
Annalise-Wagner-Preises ausgeschrieben. Der Stipendiat Marco Zabel
hatte die Aufgabe, die nachgelassene Korrespondenz Annalise Wagners,
die im Karbe-Wagner-Archiv aufbewahrt wird, zu ordnen, archivarisch zu
erschließen und als historische Quelle zu bewerten. Interessant für
die nachhaltige Wirkung dieses Stipendiums ist nicht nur die Einschätzung
des Stipendiaten, dass dieser bisher brachliegenden Quelle
„zumindest in Teilen ein stadt-, landes- und kulturhistorischer Wert
zugesprochen werden kann“, sondern dass die angelegten
archivarischen Findmittel künftig die wissenschaftliche Nutzung
dieser Quellen ermöglichen.
Dass Marco Zabel durch diese „handwerkliche“ Tätigkeit angeregt
wurde, sich als Historiker intensiv mit der Wechselwirkung zwischen
Leben und Wirken Annalise Wagners und der Regional- und
Landesgeschichte zu beschäftigen, beweist sein umfangreicher Beitrag
im 1. Heft der „Neuen Schriftenreihe des Karbe-Wagner-Archivs“.
Dieses Heft wird vom Karbe-Wagner-Archiv Neustrelitz herausgegeben und
erscheint zum 100. Geburtstag Annalise Wagners als Hommage an die
verdienstvolle Neustrelitzerin. Die Annalise-Wagner-Stiftung fördert
das 1. Heft finanziell, weil damit nicht nur neue Quellen zur
Biografie der Stifterin veröffentlicht werden, sondern auch weil es
nachhaltig die Tradition der von Annalise Wagner begründeten
verdienstvollen „Schriftenreihe des Karbe-Wagner-Archivs“
fortsetzt, neue Möglichkeiten des Publizierens über die Region
Mecklenburg-Strelitz bietet und interessante Texte Annalise Wagners
einer neuen Generation zur Verfügung stellen wird. Finanziell ermöglicht
diese Förderung der „Aufarbeitung mecklenburgischer Geschichte“
ein Sponsoringvertrag mit der Neubrandenburger Sparkasse.
Die Stiftung bemüht sich ja , im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten
aussagekräftige Manuskripte Annalise Wagners zur Veröffentlichung zu
bringen oder Nachauflagen ihrer Schriften anzuregen. Dabei gab es eine
erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Regionalbibliothek Neubrandenburg
als Trägerin der Urheberrechte, mit der Zeitschrift „Carolinum“
oder mit dem Verlag Lenover Neustrelitz, der von ersten Träger des
Annalise-Wagner-Preises, Jörg Sachse, gegründet wurde. Über mehrere
Jahre beschäftigte die Annalise-Wagner-Stiftung das Vorhaben, den in
der Regionalbibliothek Neubrandenburg vorliegenden Briefwechsel
Annalise Wagners mit Ernst Barlachs Lebensgefährtin Marga Böhmer
aufzuarbeiten. Die handschriftlichen Briefe wurden transkribiert und
von der Autorin Brigitte Birnbaum eine Auswahl zur Veröffentlichung
vorbereitet. Das Manuskript liegt in der Regionalbibliothek vor, wurde
bereits mehrfach für wissenschaftliche Zwecke genutzt, konnte aber
aus urheberrechtlichen Gründen bisher noch nicht veröffentlicht
werden.
Annalise Wagners Vermächtnis
erfordert und fördert Bürgerengagement
Die Errichtung der Annalise-Wagner-Stiftung und deren erfolgreiche
Arbeit ist nur möglich durch das Engagement, mit dem Bürger der
Region persönlich Verantwortung übernehmen für dieses gemeinnützige
Anliegen! Seit 1991 arbeiteten ehrenamtlich 35 Bürger aus
Neubrandenburg und Neustrelitz, aus dem Landkreis Mecklenburg-Strelitz
sowie der Region besonders verbundene Menschen aus anderen Bundesländern
in den Stiftungsgremien mit. Die elf Kuratoriums- und fünf
Vorstandsmitglieder bringen nicht nur einen Teil ihrer knappen
Freizeit in die Stiftungsarbeit ein, sondern vor allem kreative Ideen
und interessante Blickwinkel aus unterschiedlichen gesellschaftlichen
Bereichen und Positionen. Für eine stets konstruktive Zusammenarbeit
mit dem Karbe-Wagner-Archiv Neustrelitz sorgten die Leiter des Archivs
als Mitglieder im Vorstand bzw. im Kuratorium. Allen
„Stiftungsarbeitern“ sei hiermit auf das herzlichste gedankt! Ein
interessanter Gedanke ist: Zum Vermächtnis der Stifterin gehört eben
auch, dass Stiftungsarbeit ganz praktische ehrenamtliche Tätigkeit
vieler Bürger erfordert. Gerade dadurch wird - ganz in Annalise
Wagners Sinne! - ein Stück
demokratischer Kultur lebendig!
Annalise-Wagner-Stiftung : Förderer
des Stiftungsgedankens in der Region
Die Annalise-Wagner-Stiftung gehörte in der Region
Mecklenburg-Strelitz nach 1990 zu den „Pionieren“ des
Stiftungsgedankens im Kulturbereich. Sie ist ein gutes Beispiel, wie Bürger
nachhaltige Kulturförderung „anstiften“ und / oder durch Bürgerengagement
mitgestalten können. Inzwischen steht sie als Kulturstiftung in der
Region längst nicht mehr allein, gibt es gute Kontakte zu weiteren
Kulturstiftungen in Neubrandenburg und Neustrelitz. Für die „dienstälteste“
ist es aber eine besondere Verpflichtung, dem Vermächtnis Annalise
Wagners auch durch die aktive Förderung des Stiftungsgedankens
gerecht zu werden.
Natürlich gehört dazu Öffentlichkeitsarbeit für den eigenen
Stiftungszweck, z. B. die jährliche Verleihung des
Annalise-Wagner-Preises im attraktiven kulturellen Rahmen und an
verschiedenen Orten der Region, der Einsatz von Stiftungsmitteln für
die Publikation von Informationsmaterial, die Gestaltung von
Ausstellungen, die Pressearbeit und die Betreuung einer eigenen Domain
im Internet www.annalise-wagner-stiftung.de
. Im Jahr 1999 beteiligte sich die Annalise-Wagner-Stiftung an der
Wanderausstellung „Stiftungen bauen Brücken : Stiftungslandschaft
Mecklenburg-Vorpommern“ des Bundesverband Deutscher Stiftungen, die
u. a. im Landtag in Schwerin große öffentliche Aufmerksamkeit
erfuhr. Seit 2001 ist die Annalise-Wagner-Stiftung selbst Mitglied des
Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Ein Höhepunkt dieses des
Engagements für den Stiftungsgedanken war die Organisation eines
Treffens von Kulturstiftungen aus Mecklenburg-Vorpommern am 26. Juni
2001 im Brigitte-Reimann-Literaturhaus in Neubrandenburg. Es wurde vom
Bundesverband und der Presse als „erster Stiftungstag in den Bundesländern
Nordost- und Mitteldeutschlands“ gewürdigt. Am 15. Todestag
Annalise Wagners und im 10. Errichtungsjahr der
Annalise-Wagner-Stiftung konnte gerade auf diese Weise eindrucksvoll
vermittelt werden, wie sich das Vermächtnis der Stifterin Annalise
Wagner einfügt in die sich entwickelnde Stiftungslandschaft
Mecklenburg-Vorpommerns - und damit ein Stück Zukunft in sich trägt.
Heike Birkenkampf, Mai 2003
Annalise-Wagner-Stiftung
c/o Regionalbibliothek
Neubrandenburg
Stargarder
Straße 6
17033
Neubrandenburg
Telefon 0395 /
5551333 , Fax 0395 / 5551348,
stiftung.bibl@neubrandenburg.de |