Annalise-Wagner-Preis 2002
Christiane Witzkeaus Neustrelitz für ihre Publikation:"Domjüch:
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Am 14. Juni 2002 verlieh die Annalise-Wagner-Stiftung in der Löwenvilla der Neubrandenburger Sparkasse den Annalise-Wagner-Preis 2002 an Frau Christiane Witzke aus Neustrelitz für die Publikation "Domjüch : Erinnerungen an eine Heil- und Pflegeanstalt in Mecklenburg-Strelitz". Jury und Kuratorium wählten diesen Titel aus genau 40 Bewerbungen und Vorschlägen für den begehrten regionalen Literaturpreis aus. Diese Entscheidung fiel wegen der beeindruckenden Menge preiswürdiger Arbeiten nicht leicht, aber fast einstimmig. Denn: Christiane Witzke ging mit ihrer Arbeit einen ersten Schritt in bisher unerforschtes "kulturhistorisches Gebiet": ihr gelang es, mit dem Thema "Domjüch" ein fast schon vergessenes Kapitel der Geschichte der Stadt Neustrelitz und der Region Mecklenburg-Strelitz zu beleuchten und in diesem Zusammenhang auch ein wichtiges Detail der Biografie Hans Falladas erstmals historisch korrekt zu beschreiben. "Domjüch" bezeichnet eigentlich den Ort des Neubaus der "Mecklenburg-Strelitzschen Landesirrenanstalt", der 1902 im Norden der Stadt Neustrelitz am Domjüchsee entstand, wurde aber schnell zum Synonym für den Gebäudekomplex und für die psychiatrische Einrichtung. Als 1945 bis 1993 sowjetische Truppen Gelände und Gebäude als militärischen Bereich beanspruchten, wurden Ort und Anstalt zum "weißen Fleck" nicht nur auf der Landkarte, sondern auch im historischen Bewußtsein der Öffentlichkeit. Die Neustrelitzer Stadtarchivarin Christiane Witzke wurde durch die Spurensuche von Angehörigen der "Domjüch"-Patienten und durch Fragen nach Verbindungen zwischen Euthanasie in Nazideutschland und "Domjüch" auf diese psychiatrische Anstalt aufmerksam. Sie fragte sich, "warum wir deren Existenz und das Geschehen vergessen oder sogar verdrängt hatten" – und begann als erste, systematisch nach Zeit-Zeugnissen und Zeit-Zeugen zu suchen. Aus mühsam recherchierten "Mosaiksteinen" gelang es ihr, ein detailreiches Bild aus der Geschichte von "Domjüch", vom Umgang mit psychisch Kranken in Mecklenburg-Strelitz vom 18. Jahrhundert bis in die Zeit des Nationalsozialismus zusammenzufügen. Sie "will von den Begebenheiten dort berichten, ohne jedoch Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben." Sachlich, aber sensibel und warmherzig erinnert die Autorin an Schicksale von Menschen, die als Ärzte, Patienten oder Personal in "Domjüch" lebten, zeigt die Zusammenhänge zwischen Menschenschicksalen, der Entstehung und Entwicklung von "Domjüch" und der Geschichte von Stadt, Region und Land. Auch für die literaturwissenschaftliche Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen Leben und Werk des Schriftstellers Hans Fallada (1893 – 1947) in Bezug auf seinen Lebensabschnitt im mecklenburgischen Carwitz ist Christiane Witzkes Arbeit von Bedeutung. Die Autorin weist nach, dass Hans Fallada 1944 nicht in der "Irrenanstalt Domjüch" war, sondern in der "Abteilung Heil- und Pflegeanstalt" der Strafanstalt Neustrelitz-Strelitz in Alt-Strelitz. Dieses biografische Detail – dem Arzt Dr. Johannes Hecker zu verdanken - rettete ihm wahrscheinlich das Leben. Christiane Witzkes Publikation über "Domjüch" leistet den wichtigen ersten Beitrag zur Aufarbeitung eines besonderen Teils mecklenburg-strelitzer Kulturgeschichte, macht es möglich, historische, regionalkundliche, medizingeschichtliche, ethische oder moralische Fragen zu "Domjüch" zu stellen, aktuelle Bezüge zu finden und weitere Forschungen in Angriff zu nehmen. In diesem Sinne wird ihre Arbeit dem Wunsch der Stifterin Annalise Wagner gerecht, mit dem Annalise-Wagner-Preis Texte zu würdigen, die helfen, "der Region das historische Gedächtnis zurückzugeben" und dadurch in die Zukunft zu wirken. Laudatio von Frau Heide Hampel Witzke, Christiane: Domjüch : Erinnerungen an eine Heil- und
Pflegeanstalt in Mecklenburg-Strelitz – 1. Aufl. – Neubrandenburg :
federchen Verl., 2001. - 164 S. : 67 Abb. - (Federlese) Signatur Regionalkundlicher Archivbestand
Regionalbibliothek : Link Hans Fallada: www.fallada.de/
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