Lobende Anerkennung für junge Autoren 2007
Mario Huth: Gedanken zu meiner Studie

Die Studie skizziert in erster Linie den demographischen Weg, den das ursprünglich slawische Dorf Zootzen unter verschiedenen landesherrlichen Lehnsträgern beschritt. Dabei wurde versucht, einen zeitlichen Bogen zu schlagen, der sich von den ersten greifbaren Quellen, die über den Ort unter klösterlicher Verwaltung (Mönchszisterze Himmelpfort) von 1299 – 1542 zeugen, bis hin zum Jahr 1859 spannt. Sowohl die Zeit der Administration durch landadelige Geschlechter (Landvogt der Uckermark Hans von Arnim auf Boitzenburg, 1542 – 1551; Familie von Trott zu Badingen, 1551 – 1727) als auch die staatliche Verwaltung durch ein landesherrliches Amt (Badingen / später Zehdenick, ab 1727) fanden dabei Berücksichtigung.

Vor allem die territoriale Lage und die Ausstattung mit gewissen natürlichen Ressourcen ließen Zootzen während dieser Zeit immer wieder in das Zentrum mecklenburg – brandenburgischer Beziehungen bzw. Spannungen rücken, sei es weil man sich um den Verlauf der gemeinsamen Grenze uneins war, der bis weit in die Frühe Neuzeit hinein relativ unklar blieb oder man sich aufgrund dessen um die unklaren Berechtigungen zur Ausbeutung wertvoller Nutzholzbestände stritt.

Des Weiteren ist der Untersuchungszeitraum sowohl durch rege wirtschaftliche Kontakte zwischen der ländlichen Bevölkerung (z. B. grenzübergreifender Handel) beider Gebiete, als auch durch stete Migrationsbewegungen gekennzeichnet gewesen.
Auf Letztere, die unter dem Preußenkönig Friedrich II. (1712-1786) für das Untersuchungsgebiet wohl ihre intensivste Phase durchlebte, wurde ein besonderer Fokus in der Arbeit gelegt. Dabei stellte sich heraus, dass es hier keinesfalls lediglich eines landesherrlichen Befehls bedurfte, um einen breiten Zustrom mecklenburgischer Auswanderer in brandenburg - preußische Lande zu initiieren. Vielmehr wurde durch den Monarchen offensichtlich in einen bereits vorhanden Trend eingehakt, dem wir es verdanken, dass nicht wenige westuckermärkische Siedlungen trotz der teilweise katastrophalen Verwüstungen des 30jährigen Krieges aus ihren Ruinen wiedererrichtet worden sind. Um diesen historischen Sachverhalt eingehender zu beleuchten verließ ich mich bei der Untersuchung in diesem Punkt nicht exemplarisch nur auf das eine Dorf Zootzen, sondern zog auch Quellen zur Geschichte einiger Nachbarorte (z. B. Neuthymen, Sähle, Himmelpfort, Ravensbrück, etc.) zu Rate, um die These stichhaltig zu untermauern.

Es ist gleichzeitig der Versuch unternommen worden, sich der gedanklichen Welt der Zuwanderer auf der einen Seite und der Einheimischen auf der anderen Seite zu nähern. Warum zog es Leute aus Mecklenburg nach Brandenburg? Welche Motivationen waren hier ausschlaggebend? Wie erging es den Neuankömmlingen im neuen Milieu und welche Rolle spielte bei der sich anschließenden Etablierung die Fremdwahrnehmung durch die Bevölkerung vor Ort?
Es ist klar, dass im Rahmen des 150 Seiten umspannenden Aufsatzes nicht alle Einzelschicksale in der wechselvollen Geschichte der betrachteten Region untersucht und dargestellt werden konnten, vieles nur thematisch angerissen worden ist. Deshalb ist primär die Schicht des einfachen Bewohners auf dem Lande und hier wiederum exemplarisch die durch Quellen gut dokumentierte Historie bestimmter mecklenburgischer Familien (z. B. Pagel, Albinus und vor allem Lexow) nachgezeichnet worden.

Die für den Autor zweifelsohne interessanteste Erkenntnis, die sich aus diesem Ansatz ergab, war jene, dass es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts durchaus eine allmähliche dynastische Übermächtigung der mecklenburgischen Herzogtümer durch das nachbarliche Brandenburg – Preußen gegeben hat, wie dies in der einschlägigen Fachliteratur zumeist formuliert wird. Aber es lies sich durch die Studie eindeutig beweisen, dass diese Interpretation eine gewisse Relativierung erfahren muss, da bei Veränderung des Blickwinkels auf die historischen Fakten hin zur Landbevölkerung eher Gegenteiliges offenbar wird. Wer also wen in seinem Einfluss zu überformen drohte – die Monarchen mit ihren großpolitischen Ansätzen oder die Einwanderer mit ihrer importierten Kultur und Arbeitskraft -, hängt ebenso wie die daran in weiten Teilen haftende Auffassung eines Staatsbildes, von der jeweiligen Betrachtungsebene des Standes ab, dem sich der Historiker nähert.

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